Termin vor dem Amtsgericht. Parteien: Zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Wir vertreten die Auftragnehmerin eines Werkvertrages bzgl. der Umsetzung diverser digitaler Leistungen. Wir klagen im Namen unserer Mandantin die Werklohnforderung (um die 4.000,00 EUR) ein. Das Werk wurde ordnungsgemäß erstellt, für gut befunden und wird seither vorbehaltlos genutzt. Im Vorfeld wurde der Gegner sowohl durch die Mandantin, als auch durch uns mehrfach gemahnt. Da alle Mahnungen völlig ohne Reaktion geblieben sind, entschied man sich schließlich Klage zu erheben.
Der gegnerische Geschäftsführer (mehrerer Kapitalgesellschaften) zeigte zunächst die Verteidigung im schriftlichen Vorverfahren an und beantragte Fristverlängerung. In der Klageerwiderung, die wieder durch den Geschäftsführer persönlich erfolgte, rügte er zunächst, dass das Werk mangelhaft sei, da es nicht richtig funktioniere, ohne jedoch auch nur einen konkreten Fehler zu benennen. Weiter bemängelte er, dass die Rechnung zu teuer sei, ohne jedoch genau darzulegen, welche Position er als überhöht empfand.
Das Gericht erteilte der Beklagten den Hinweis, dass ihr Vortrag unsubstantiiert sei und überdies jeder Vortrag fehle, ob und wann man etwaige Fehler gerügt hätte und ob die Klägerin zur Nachbesserung aufgefordert worden sei. Auf unsere Replik, dass man weder Fehler gerügt, noch zur Nachbesserung aufgefordert hätte, erfolgte wieder keine Reaktion.
Schließlich kam es zur mündlichen Verhandlung, in der der nicht anwaltlich vertreten Geschäftsführer unter ausschweifender Polemik dem Gericht die (immer noch nicht näher bezeichneten) Fehler auf seinem iPad als Screenshots zeigen wollte. Das Gericht lehnte es ab, die etwaigen Fehler zu begutachten und fragte nach, warum die Beklagte auf den Hinweis des Gerichts nicht nur nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern gar nicht reagiert hätte. Als der Geschäftsführer ansetzte auszuführen, dass man ja jetzt die Fehler zeigen könne, wies das Gericht darauf hin, dass dieser (auch wieder unsubstantiierte) Vortrag nun wohl verspätet sei. Schließlich meinte der Geschäftsführer einen Vergleichsvorschlag nach Gutsherrenart unterbreiten zu müssen: Man sei trotz aller Unzulänglichkeiten bereit 50% zu bezahlen. Der Vorschlag wurde ohne Überlegung abgelehnt.
Bei der Antragstellung stellte der Geschäftsführer zunächst den „Antrag“, dass es „weiter gehen“ solle. Auf den Hinweis des Gerichts, dass dies kein zulässiger Antrag sei, stellte er einen Antrag auf „Beweisaufnahme“. Insgesamt hatte man den Eindruck, man säße in einer schlecht gemachten Gerichtssendung aus dem Nachmittagsfernsehen. Das sichtlich entnervte Gericht half der Beklagten auf die Sprünge und es wurde schließlich Klageabweisung beantragt. Wie das Urteil im bereits beschlossenen Verkündungstermin ausfallen wird, dürfte keine Überraschung werden.
Obwohl man sich vor dem Amtsgericht prinzipiell selbst vertreten kann, sollte man jedoch genau überlegen, ob man das auch tun soll. Zu einem realen Zivilgerichtsprozess gehören eben auch die vorbereitenden Schriftsätze – etwas, was man im Fernsehen nicht sehen kann.